Ernährungsumschau/News

Den Adipositas-Genen ein Schnippchen schlagen

Wer sich täglich eine Stunde bewegt, senkt sein angeborenes Adipositas-Risiko um 40 %. So lautet das Fazit einer Studie. Personen, die zu Übergewicht neigen, profitieren demnach besonders von einem aktiven Lebensstil.

Unsere Gene bestimmen nicht nur die Farbe unserer Augen. Auch unsere Körpermaße werden uns zum Teil in die Wiege gelegt: Es wird geschätzt, dass die Größe und das Gewicht zu 40 % bis 85 % vererbbar sind. Aktuelle Studien am menschlichen Genom haben zwölf DNA-Varianten (Allelen) identifiziert, die mit einem erhöhten BMI ein­her­gehen. Diese Allelen wirken additiv: Je mehr man also von jenen trägt, die Über­gewicht begünstigen, desto eher neigt man zu mehr Körpergewicht. Wie sich das genetische Material und der eigene Lebensstil gegenseitig beeinflussen, wurde jedoch noch nicht überzeugend belegt. Auf diese Frage haben sich nun britische Wissenschaftler gestürzt. Sie wollten wissen, ob eine „genetisch vorbelastete" Person ihr Risiko, adipös zu wer­den, mit täglicher Bewegung reduzieren kann. Die Forscher nutzten dafür die Daten von etwa 20.000 Personen aus der EPIC-Norfolk Studie.

Info zwischen den Zeilen
Die EPIC (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition)-Norfolk Studie ist eine Kohortenstudie, die Aufschluss über den Zusammenhang zwischen der Ernäh­rung und dem Krebsrisiko gibt. Die Daten wurden zwischen 1993 und 1997 gesammelt.

Auf Adipositas gescannt
Die Wissenschaftler untersuchten dafür das genetische Material der Personen und analysierten jene Genabschnitte, deren Varianten mit einem erhöhten Risiko für Über­gewicht einhergehen. Daraufhin wurden die Risiko-Varianten für Übergewicht für jede Person zusammengezählt und die Summe mit ihrem BMI und ihrer täglichen körper­lichen Aktivität verglichen. Die Personen waren aufgefordert, sowohl ihre Aktivität im Arbeitsleben (sitzen, stehen, körperliche Arbeit) und in der Freizeit (Rad fahren, Hausarbeit, ...) in Stunden pro Woche in einem Fragebogen fest­zuhalten. Danach wurden die Personen in vier Bewegungsgruppen aufgeteilt: inaktiv, moderat inaktiv, moderat aktiv und aktiv.

Aktiv gegen Adipositas
Die Forscher berechneten, dass für jede zusätzliche BMI-erhöhende Genabschnitt-Variante für eine 1,70 m große Person im Durchschnitt 445 g mehr an Gewicht zu erwarten sind.

Durch die Bewegung wurde dem Anstieg aber eindeutig gegengesteuert: Aktive legten nur 379 g pro Variante zu, Inaktive dagegen 592 g. Besitzt man dem­zu­folge als Aktiver alle zwölf adipositas-begünstigenden Genabschnitt-Varianten, ist man im Schnitt um rund 2,5 kg leichter als ein Inaktiver. Freilich, das macht aus einem Adipösen noch keinen Normal­ge­wich­tigen. Trotzdem zeigt die Studie, dass man seinen Genen nicht hilflos ausgesetzt ist und gegen seinen Hüft­speck aktiv vor­ge­hen kann: schon mit einer Stunde und auch mit „leichter" Bewegung in Form von Hausarbeit, Spazieren gehen oder Rad fahren. Denn die Forscher berechneten gleichzeitig, dass die Wahr­schein­lich­keit für Adi­posi­tas bei Inaktiven um 40 % höher ist, wenn man sie mit den Aktiven vergleicht.

Fazit
Regel­mäßige Bewe­gung zahlt sich bei Per­so­nen, die gene­tisch für Adipositas vor­be­lastet sind, noch mehr aus. Eine Stunde Be­we­gung pro Tag sollte es sein, dazu zählt auch die Haus­arbeit und der Weg zur Bus­station. Wer einer körper­lich an­strengen­den Arbeit nach­geht, kommt schon dort auf sein Bewe­gungs-Soll.


Literatur:
Li S et al.: Physical activity attenuates the genetic predisposition to obesity in 20,000 men and women from EPIC-Norfolk prospective population study.

Li S et al.: Cumulative effects and predictive value of common obesity-susceptibility variants identified by genome-wide association studies. Am J Clin Nutr 91(1): 184-190 (2010).